Situation in den Frauenhäusern: Belegung, Finanzierung und Austausch

Frauenhäuser bieten gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern eine geschützte Unterkunft, Beratung und Begleitung. Damit leisten sie tagtäglich existentielle Arbeit, um Frauen vor häuslicher Gewalt zu schützen. Die Corona-Pandemie wirkt dabei in den vergangen zwei Jahren wie ein Brennglas, wie aus den Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik sowie diversen Berichten zu Belegungszahlen der Frauenhäuser im Bundesgebiet hervorgeht.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine Menschenrechtsverletzung. Mit dem Inkrafttreten der Istanbul-Konvention am 1. Februar 2018 ist auch Bremen verpflichtet, umfassende Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt zu ergreifen und eine bedarfsgerechte Frauenhilfeinfrastruktur zu gewährleisten.

Mit einem breiten Landesaktionsplan „Istanbul Konvention“, der aktuell erarbeitet wird, und einem in dessen Erarbeitung miteinbezogenen Betroffenenbeirat hat das Land Bremen zusätzliche wichtige Maßnahmen ergriffen, um von häuslicher Gewalt betroffene Frauen auch weiterhin bestmöglich zu schützen. Ferner liegt Bremen mit 122 Frauenhausplätzen im Bundesvergleich auf Platz zwei und erreicht mit Berlin als einziges Bundesland die empfohlene Zielmarke des Europarates von einem Platz je 7.500 Einwohner:innen.

Ein regelmäßiger Austausch zwischen den zuständigen Akteuren und den Frauenhäusern untereinander, eine angemessene Finanzierung, eine der Nachfrage gerecht werdende und ausreichende Anzahl an Belegplätzen sowie eine 24/7 Not-Aufnahmestelle können darüber hinaus ebenfalls wichtige Bausteine darstellen, um die Frauenhäuser und deren Schutzsuchenden möglichst vollumfänglich zu unterstützen.

Wir fragen den Senat:

A) Belegung:

  1. Über wie viele Plätze verfügen die Frauenhäuser im Land Bremen (gesamt und im Einzelnen) und wie ist die aktuelle Belegungssituation sowie die der letzten fünf Jahre? (Bitte tabellarisch getrennt je Frauenhaus sowie nach Jahren darstellen)
  2. Welche Überbelegungsquoten weisen die Frauenhäuser seit der Corona-Pandemie auf? (Bitte getrennt nach Frauenhaus sowie monatlich auflisten)
  3. Welchen Pandemiebestimmungen unterliegen die Frauenhäuser als soziale Einrichtungen, auch im Unterschied zu anderen Wohnungsformen wie Wohngemeinschaften?
  4. Wie ist der aktuelle Sachstand einer möglichen „Not-Aufnahmestelle“ in Bremer Frauenhäuser, die rund um die Uhr (24/7) für akut Schutzsuchende übergangsweise und kurzfristig zugänglich ist?
  5. Welche Planungen für die Stärkung der Frauenhäuser enthält der Landesaktionsplan „Istanbul-Konvention“?
  6. Wie ist der Stand bezüglich notwendiger Schutzwohnungen für ehemals von Zwangsprostitution betroffener Frauen?

B) Finanzierung:

  1. Wie ist generell die Finanzierung der Frauenhäuser im Bundesland Bremen geregelt?
  2. Welche Standards, wie Vergaberichtlinien oder Mindestanforderungen (wie bspw. qm²-Zahl pro Person, Anzahl der Plätze, Personalschlüssel, Barrierefreiheit, Brandschutz, Arbeitsschutz, Datenschutz, 24-Stunden-Erreichbarkeit) sowie weitere Aufnahmekriterien (wie bspw. Altersgrenze von Söhnen der Betroffenen), werden der Finanzierung der Frauenhäuser in Bremen zugrunde gelegt?
  3. Gelten bei der Belegung sowie der Kostenübernahme für alle Häuser die gleichen Standards oder existieren in der Praxis Unterschiede?
  4. Welche Stelle ist konkret für die Zuwendungen an die Frauenhäuser zuständig?
  5. Nach welchen Modalitäten wird die Gelderstattung von nicht-finanzierten Belegtagen geregelt? Welches Geldvolumen weist dieser Topf auf und gibt es Nachweispflichten für die Träger bei der Beantragung von Erstattungskosten?
  6. Wie sind in der Praxis die Zahlungsmodalitäten im Zusammenhang mit dem Sozialamt/Jobcenter und dem Duldungsstatus der Frauen im Frauenhaus geregelt? Wie wird gewährleistet, dass bei möglichen Lücken bezüglich des Duldungsstatus die finanziellen Hilfen trotzdem laufend bei den Betroffenen ankommen?
  7. Gibt es Entwicklungen auf Bundesebene hinsichtlich der Finanzierung von Frauenhäusern und welche Folgen sind für die Weiterentwicklung der Bremer und Bremerhavener Frauenhäuser daraus ggf. abzuleiten?

C) Austausch:

  1. Inwieweit besteht ein (regelmäßiger) Austausch zwischen den verschiedenen Frauenhäusern sowie der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) oder der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz zur schnellen Absprache sowie Erfahrungs- und „best-practice“-Austausch?
  2. Wie ist generell das Verhältnis zwischen den Trägern, den Einrichtungen und der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz sowie der ZGF geregelt?

Antje Grotheer, Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Henrike Müller, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Maja Tegeler, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE