Gender Pay Gap in der Bremer Hochschul- und Wissenschaftslandschaft verringern

Die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern ist nach wie vor ein gesellschaftliches Problem und lässt auch den Wissenschafts- und Hochschulbereich nicht aus.

Für Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wurden 2019 Studienergebnisse vorgelegt, aus denen deutlich wird, dass der Gender Pay Gap ein Phänomen ist, das im gesamten Hochschulbereich vorkommt, aber je nach Hochschulart, Besoldungsgruppe, Altersgruppe und Fächergruppe unterschiedlich stark ausfällt.

Die Studien weisen unter anderem darauf hin, dass nach Einführung der sogenannten W-Besoldung und ihren individuell zu verhandelnden Leistungsbezügen Professorinnen seltene und zudem niedrigere Leistungsbezüge als Männer erhielten. Bei den Verhandlungen um Leistungsbezüge herrsche zudem oft ein Informationsdefizit. Die Studien verweisen auch darauf, dass eine höhere Transparenz bezüglich der Leistungskriterien hier Abhilfe schaffen könnte. Zudem bestehe die Notwendigkeit, Frauen im Sinne eines Empowering-Ansatzes besser auf Verhandlungen vorzubereiten. Gleichzeitig bedürfe es einer höheren Verbindlichkeit des Gleichstellungsauftrags in Richtlinien für die Vergabe von Leistungsbezügen, insbesondere in Bezug auf die sogenannten besonderen Leistungsbezüge. Auch eine verbindliche Beteiligung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten bei der Vergabe von Leistungsbezügen könne den Gender Pay Gap verkleinern. Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen, wie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie verbesserte Qualifizierungs- und Beschäftigungsbedingungen von den Autorinnen/Autoren als zielführend empfohlen.

Auch im Bereich Technik und Verwaltung herrscht oft Entgeltungleichheit. In diesem Bereich arbeiten darüber hinaus überwiegend Frauen, oftmals in prekären und damit schlechteren Beschäftigungsverhältnissen als ihre männlichen Kollegen. Expertinnen/Experten empfehlen hier die Überprüfung mehrerer Rahmenbedingungen auf Geschlechterstereotype, die sich im Hinblick auf den Gender Pay Gap negativ auswirken können. Zum einen sollte eine Überprüfung der Tätigkeitsbeschreibungen und Eingruppierungen, die die Basis für Tarifverträge darstellen, erfolgen. Zum anderen müssen die Leistungsmaßstäbe, die Beförderungen zu Grunde liegen, überprüft werden.

Zuletzt gibt es auch im Bereich des wissenschaftlichen Mittelbaus entgeltwirksame Ungleichheiten, die sich auf das Geschlecht zurückführen lassen. Frauen sind hier insbesondere in der Gruppe der Beamtinnen/Beamten unterrepräsentiert. Je höher die Entgelt- beziehungsweise Besoldungsgruppe steigt, desto geringer wird zudem der Frauenanteil. Auch arbeiten Frauen seltener in Voll-zeit sowie öfter in befristeten Vertragsverhältnissen.

In der Bremer Wissenschaftslandschaft gibt es bereits diverse gut verankerte Gleichstellungsinitiativen. In vielen Bereichen konnten spürbare Gleichstellungsfortschritte erreicht werden. In der Gesamtbewertung beim Hochschulranking nach Gleichstellungsgesichtspunkten etwa gehört Bremen 2019 im Hinblick auf den Frauenanteil bei den Ranggruppen Professuren, Steigerung des wissenschaftlichen Personals und Berufungen zur Spitzengruppe. Positiv ist auch das gute Abschneiden beim Professorinnen-Programm, bei dem die Universität und die Hochschule Bremen sogar in allen drei Runden erfolgreich teilgenommen haben, die Universität Bremen in der dritten Programmrunde zuletzt obendrein mit Auszeichnung. Aber auch Bremen verliert in den MINT-Fächern durchgängig auf allen Karrierestufen und in den meisten Fächern der Sozial- und Geisteswissenschaften ab der Promotion und der Postdoc-Phase qualifizierte Frauen, die dem Wissenschaftssystem den Rücken kehren. Zudem leiden auch Programme zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit an den Hochschulen immer wieder an Diskontinuitäten aufgrund von Drittmittelabhängigkeiten, notwendige Verstetigung bleibt regelmäßig aus. Nicht zuletzt deshalb ist im Wissenschaftsplan 2025 der Start einer „Bremer Genderoffensive Hochschulen“ verankert, um gleichstellungspolitische Ziele und Maßnahmen zu konkretisieren und verbindlich umzusetzen.

Auch in Bremen fehlt es an einer umfangreichen Untersuchung des Gender Pay Gaps und damit an einer wichtigen Informationsgrundlage für die „Bremer Genderoffensive Hochschulen“ sowie gleichzeitig an weiteren strukturellen Maßnahmen, die den Gender Pay Gap abbauen. Dies ist nicht zuletzt wichtig, um die Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen „Senatsstrategie Entgeltgleichheit“ auch im Hochschulbereich umzusetzen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) bittet den Senat,

1. eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben, die
a) die Höhe und Struktur der Leistungsbezüge und den Gender Pay Gap an Bremischen Hochschulen sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen untersucht und die Ursachen für die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Hochschultypen und der Spezifika einzelner Fächer und Fachkulturen sowie der verschiedenen Beschäftigungsformen ermittelt;
b) eruiert, welche der bereits umgesetzten oder noch umzusetzenden Maßnahmen, wie sie zum Beispiel in den Gleichstellungskonzepten der Bremischen Hochschulen enthalten sind, und überprüft welche Maßnahmen darüber hinaus geeignet sind, um den Gender Pay Gap im Bremischen Wissenschaftssystem abzubauen. Perspektivisch sollte zudem die Forschung in diesem Bereich insgesamt gestärkt werden;
c) bei der Datenerhebung und der Veröffentlichung angesichts der Größe des Bundeslandes Bremen und der geringen Anzahl an zu untersuchenden Hochschulen auf eine vollständige Anonymisierung der Daten besonders achtet und dafür Sorge trägt, dass Rückschlüsse auf die tatsächlich gewährte Besoldung von einzelnen Personen ausgeschlossen werden können;
2. jährlich unter dem Aspekt der Gendergerechtigkeit über den Ausgang von Berufungsverfahren an den Bremer Hochschulen zu berichten und dabei insbesondere zu berücksichtigen, in welchen Fächergruppen sich wie viele Frauen auf Professuren beworben haben und wie viele einen Ruf erhalten haben;
3. die Verringerung des Gender Pay Gaps in alle kommenden Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, der Staats- und Universitätsbibliothek und dem Studierendenwerk aufzunehmen; und darin außerdem zu vereinbaren, dass Programme zur Frauenförderung an den Hochschulen auf ihre Wirksamkeit überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt und fortgeschrieben werden;
4. binnen eines Jahres dem Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit sowie dem Ausschuss für die Gleichstellung der Frau Bericht zu erstatten.

Dr. Solveig Eschen, Dr. Henrike Müller, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Miriam Strunge, Maja Tegeler, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
Janina Brünjes, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD